69 DAS PARADIES DER GRÜNEN TARA OSTTIBET, KHAM, 19. JH. 80 x 61 cm R. Tempera und Gold auf Baumwollgewebe. Die Grüne Tara erscheint in ihrer traditionellen Darstellungsweise, jedoch aus Gründen der Wertschätzung, in Gold gemalt. Sie sitzt auf einer weißen Mondscheibe über einem vielblättrigen Lotos. Getragen wird ihr Mondlotosthron von einem breiten Altartisch, in dessen Nischen links und rechts Pfauen dargestellt sind, die Throntiere des Tathagata Amitabha - Symbole für Neutralisierung von Gift. Tara sitzt ent- spannt mit einem untergeschlagenen und einem nach vorne ausgestellten Bein. Die rechte Hand zeigt mit geöffneter Geste die Wünschegewährung, und die linke Hand hält sie vor ihrem Herzen, wobei sich Daumen und Ringfinger berühren. Sie halten gleichzeitig den Stängel einer Lotosblüte. Daumen und Ringfinger bilden einen Kreis - das Symbol der Leerheit. Auf ihrem Haupt trägt sie die fünfspitzige Bodhisattvakrone, die Fünf Weisheiten der Fünf Tathagas repräsentierend, zusammen mit weiteren Schmuckstücken die auf ihre sechs Paramita-Tugenden hinweisen. Es heißt, dass die sechs befrei- enden Qualitäten alle aus Mitgefühl heraus geboren sind, aus einem Sich-Einfühlen-Können. Hieraus wird freigiebig gehandelt, wird heilsames Verhalten gepflegt, Schädliches wird unterlassen, Geduld wird geübt. Es entsteht Ausdauer auch in Schwierigkeiten, gepaart mit Freude. Es kommt zu der Fähigkeit dass der Geist sich sammelt und konzentriert, dass er unabgelenkt verweilen kann mit der Fähigkeit hinzuschauen, wodurch Verstehen bzw. Weisheit entsteht. Tara trägt zwei seidene Dhotis in Gelb mit blauem Saum, und in Rot, alle mit Gold durchwirkt. Ihre Schultern bedeckt ein weiß- farbenes Mieder, und ein grüner Schal umschlingt ihren Körper, der sich um ihre Arme windet. Eine orangefarbene Gloriole umgibt ihren Kopf, und eine Regenbogenaura ihren Körper. Eine weiträumige, lichtdurchflutete Landschaft bildet ihren Aufenthaltsort - ihr Buddhaland. Über ihre liebreizende Erscheinung biegt sich, wie beschützend, ein Baum mit dichtgewachsener grüner Krone in dessen Geäst die Ikone des Tathagata Amitabha erscheint. Dazwischen schiebt sich ein breitgespannter Regenbogen. Vor ihrem Altar sind eine unermessliche Menge an Juwelen und Opfergaben aller Art aufge- baut. In deren Mitte erscheint das goldene „Rad der Lehre“ - das Dharmacakra. Tara wird begleitet von zwei weiblichen Bodhisattvas die links und rechts vor ihrem Altar stehen. Links steht Ashokakanta - “Die die Lieblichkeit einer Ashoka-Blüte besitzt“. Ihre Körperfarbe ist golden-gelb. In ihrer jugendlichen Schönheit trägt sie eine fünffache Krone, Goldschmuck und seidene Kleider, bestehend aus einem grünfarbenen Dhoti, buntgestreiften Beinkleidern, einem roten Schultertuch und einem blauen Schal, der sich zu ihren beiden Seiten am Boden kräuselt. In ihrer rechten Hand hält sie einen Zweig mit einer Ashoka-Blüte. Mit beiden Beinen steht sie auf einem halbgeöffneten Lotos, auf einer weißen Mondscheibe. Ashokakanta verleiht Furchtlosigkeit, und gilt als eine Emanation der Schützerin Marici, der „Göttin der Morgendämmerung“, die von Strahlen der Morgensonne umgeben ist. Rechts zeigt sich die blaufarbene zornvolle Ekajati. Sie trägt ebenfalls eine fünffache Krone, und Goldschmuck, sowie seidene Kleider, bestehend aus einem roten Dhoti, buntgestreiften Beinkleidern, einem roten Schultertuch, und einem langen grünen Schal. Als zornvolle Gottheit hat sie ein Tigerfell um ihre Hüften geschlungen, womit sie zum Ausdruck bringt dass sie die Geistesgifte Zorn und Hass überwunden hat. Ekajati ist eine der mächtigsten und furchtbarsten Göttinnen in der tibetischen Mythologie. Sie erscheint als Befreierin im Mandala der grünen Tara. Mit ihrer zornvollen Erscheinung die sich nicht gegen die Wesen selbst sondern deren geistige Hindernisse richtet, und den ihr zugeschriebenen Kräften, beseitigt sie die Angst vor Feinden, verbreitet Freude, und entfernt persönliche Blockaden auf dem Weg zur Erleuchtung. Ekajati ist die Schützerin der geheimen Mantras und gilt als Große Mutter, insbesondere als Mutter der zornvollen Schützerinnen und der ebenfalls zornvollen Gottheit Mahakala. Tara weilt in ihrem lichtdurchfluteten, weiträumigen Buddha-Feld, über dem links und rechts im Bild regenbogenüberwölbte Glückswolken schweben, auf denen gabenspendende Glücksgöttinnen erscheinen. Links, in einer Senke, unterhalb von zwei Berggipfeln, thront Tara auf einem Altarsitz und erteilt Zuhörern Belehrungen. Daneben ist ein umfriedeter Teich zu sehen in dem Lotosblumen wachsen, und Wasservögel schwimmen. Gegenüber, vor gebir- giger Landschaft, verweilt ein Geistlicher auf einem Meditationsteppich in meditativer Haltung. Vor ihm haben sich zahlreiche Gazellen niedergelassen, als ob sie seinen Belehrungen lauschten. Auf der linken Seite der Malerei ist zickzack-förmig ein in den Rasen eingelassenes rotes Holzgestell zu sehen, an dem Gebetsschnüre aufgehängt sind, die von Frauen verwahrt werden. Weiter unten befindet sich ein weiteres Wasserbecken umgeben von Mauern, in denen wiedergeborene Wesen inmitten von Lotosblüten baden. Ihre Kleidungsstücke haben sie lose über die Beckenmauer gelegt. Neben dem unteren Wasserbecken sitzt auf einem Steinplateau der buddhistische Weise (Arhat) Ajita, begleitet von zwei Verehrung darbringenden Mönchen. Ein Elefant und ein Kranich halten sich auch in dem kleinen lauschigen Park auf. Gleich rechts neben dem Wasserbecken befindet sich ein umfriedeter, blaugefließter Hof mit einer Pforte auf der rechten Seite. Dort ist auch ein altarähnlicher Thronsitz aufgebaut, vielleicht in Erwartung der Tara, die sich, begleitet von Himmelsfeen die Ehrenzeichen mit sich führend, diesem geweihten Ort nähern. Laien in anbetender Haltung lauschen den musik- und gabenspendenden Wesen. Unmittelbar in der Nähe der kleinen Prozession befindet sich eine Einsiedlerklause, der der Maler die Form einer Meerschnecke gegeben hat, aus der eine kräftig sprudelnde Quelle entspringt. Darin sitzt ein Mönch oder Einsiedler in meditativer Haltung auf einem Meditationsteppich hinter einem Feuerbecken. Neben ihm liegt ein Stapel heiliger Bücher, und auf dem Boden der Klause seine Almosenschale. Zahlreiche gabenspendende und musizierende Himmelswesen bevölkern das Paradies der Tara, um ihr Verehrung darzubringen. Die Beliebtheit und Wertschätzung der Grünen Tara kommt in diesem liebevoll gestalteten Paradies-Thangka eindrucksvoll zur Geltung. Unter Glas gerahmt. PROVENIENZ Bedeutende deutsche Privatsammlung, gesammelt in den 1970er und 80er Jahren, hauptsächlich erworben bei Schoettle Ostasiatica, Stuttgart Altersspuren, etwas berieben THE PARADISE OF THE GREEN TARA EASTERN TIBET, KHAM, 19TH C. Tempera and gold on cotton fabric. The Green Tara appears in her traditional mode of representation, but for reasons of appreciation, painted in gold. She is seated on a white moon disc above a many-petaled lotus. Her lunar lotus throne is supported by a broad altar table, in whose niches on the left and right are depicted peacocks, the throne animals of the Tathagata Amitabha - symbols of neutralization of poison. Tara sits relaxed with one leg fold- ed under and one leg extended forward. The right hand shows the granting of wishes with an open gesture, and the inky hand holds it in front of her heart with the thumb and ring finger touching. They simultaneously hold the stem of a lotus flower. The thumb and ring finger form a circle - the symbol of emptiness. On her head she wears the five-pointed bodhisattva crown, representing the Five Wisdoms of the Five Tathagas, along with other orna- ments indicating her six paramita virtues. It is said that the six liberating qualities are all born out of compassion, a being able to empathize. From this, bountiful action is taken, wholesome behavior is cultivated, harmful things are refrained from, patience is practiced. Perseverance arises even in diffi- culties, coupled with joy. It comes to the ability that the mind gathers and concentrates, that it can stay undistracted with the ability to look, whereby understanding or wisdom arises. Tara wears two silk dhotis in yellow with blue hem, and in red, all interwoven with gold. Her shoulders are covered by a white-colored bodice, and a green shawl wraps around her body, wrapping around her arms. An orange gloriole surrounds her head, and a rainbow aura her body. A vast, light-filled landscape forms her abode - her Buddhaland. Over her lovely appearance bends, as if protecting, a tree with densely grown green crown in whose branches the icon of the Tathagata Amitabha appears. Between them there is a wide-stretched rainbow. In front of its altar an immense amount of jewels and offerings of all kinds are set up. In the middle of them appears the golden “wheel of teaching” - the Dharmacakra. Tara is accompanied by two female bodhisattvas standing on the left and right in front of her altar. On the left is Ashokakanta - “Who possesses the loveliness of an Ashoka flower”. Her body color is golden-yellow. In her youthful beauty, she wears a fivefold crown, gold jewelry, and silken garments consisting of a green-colored dhoti, colorful striped leggings, a red shoulder cloth, and a blue shawl that curls on the ground on either side of her. In her right hand she holds a branch with an Ashoka flower. With both legs she stands on a half-open lotus, on a white moon disk. Ashokakanta confers fearlessness, and is considered an emanation of the protector Marici, the “goddess of dawn”, who is surrounded by rays of the morning sun. On the right, the blue-colored wrathful Ekajati is shown. She also wears a quintuple crown, and gold jewelry, as well as silk clothes consisting of a red dhoti, colorful striped leggings, a red shoulder cloth, and a long green shawl. As a wrathful deity, she has a tiger skin wrapped around her hips, expressing that she has overcome the mental poisons of anger and hatred. Ekajati is one of the most powerful and fearful goddesses in Tibetan mythology. She appears as a liberator in the mandala of Green Tara. With her wrathful appearance, which is not directed against the beings themselves but their spiritual obstacles, and the powers attributed to her, she removes the fear of enemies, spreads joy, and removes personal blockages on the path to enlightenment. Ekajati is the protector of the secret mantras and is considered the Great Mother, especially the mother of the wrathful protectors and the equally wrathful deity Mahakala. Tara dwells in her light-flooded, spacious Buddha-field, above which, on the left and on the right of the picture, rainbow-arched clouds of happiness float, on which gift-giving goddesses of happiness appear. On the left, in a hollow below two mountain peaks, Tara is enthroned on an altar seat and gives teachings to listeners. Next to her is an enclosed pond in which lotuses grow and waterfowl swim. Opposite, in front of a mountainous landscape, a clergyman lingers on a meditation rug in a meditative posture. In front of him numerous gazelles have settled down as if listening to his teachings. On 176